Startseite   |   Impressum   |   Datenschutz    


 

Stephen Gerhard Stehli

Wortbrücke in die Domgemeinde – zum 11. August 2024

Die meisten Menschen werden zumindest einen Teil der Olympischen Sommerspiele in Paris verfolgt haben. Vor grandioser historischer Stadtkulisse gab es zum Teil spektakuläre Wettbewerbe und großartige Leistungen, die mit Medaillen und Jubel der Zuschauerscharen belohnt wurden. Die Freude der Sportlerinnen und Sportler war immer wieder wirklich schön und ansteckend. Die deutsche Kugelstoßerin Yemisi Ogunleye, die die Goldmedaille gewann, sang sogar in der Pressekonferenz einen Gospelsong über Gottes ganz persönliche Begleitung und der Halt, den er durch Jesus den Menschen gibt. Ein wunderbarer Moment der Freunde und Dankbarkeit, der eine lebendige Verbindung zu Gott spüren ließ.

Aber natürlich waren viele Olympioniken auch nach verloren Wettbewerben enttäuscht und traurig, ausgebrannt und geknickt. Trotz aller Anstrengungen keinen Erfolg zu haben, trifft tief, und dann hilft auch nicht die Tatsache, dass die Sportlerinnen und Sportler mit der Teilnahme an Olympia doch ohnehin zur Weltspitze gehören. Aber ebenso wie Gott die Freude der Menschen begleitet, sich richtiggehend mit uns freut, so bleibt er auch an unserer Seite, wenn es schwer und schwierig wird, wenn Scheitern uns trifft, und das in allen Situationen. Gerade auch dann. Gott hört zu, Gott fängt auf, Gott ist da, schweigt, wo es nötig ist, und spricht dann aber auch in unterschiedlichster Weise zu uns, besonders verstehbar in Jesus von Nazareth, der uns in der Bibel gegenübertritt und auch heute noch wirkt – genau davon sang Yemisi Ogunleye.

Geknickt und ausgebrannt? Genau in solche Lagen hinein trägt und begleitet Gott. Schon vor dreitausend Jahren wurde die Zusage durch den Propheten Jesaja weitergegeben, die wir im dem Bibelvers lesen, der über dieser Woche steht: “Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen, und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen.“ Gerade, wenn wir unten sind, nimmt Gott uns in unserer Enttäuschung auf, geknickt und ausgebrannt, wie wir sind, und spricht uns neuen Mut und neue Kraft zu. Und das kann wirken, wie das frohe Lied der Freude und Dankbarkeit auf der Pressekonferenz zeigte. Warum tut Gott das? Warum will er sich so auf uns einlassen? Warum dürfen wir uns so auf ihn einlasse? Weil er gerade uns Menschen mit unseren Fähigkeiten und Fehlern, mit unseren Erfolgen und unserm Scheitern, mit unserm Edelmut und unserm Versagen liebt und in aller Freiheit begleiten und helfen will. Mit unseren Goldmedaillen und Blechmedaillen.

Wir als Geschöpfe sind Gott so viel wert, dass er uns gegenübertreten will, auf Augenhöhe, so wie er es durch Jesus Christus tut. So sind erstaunliche Aussagen möglich, wie sie z.B. im Psalm 8 stehen, wo wir über uns lesen: „Du hast den Menschen wenig niedriger gemacht als Gott, mit Ehre uns Herrlichkeit hast du ihn gekrönt.“ Es mag unglaublich sein, aber wir sind alle trotz alledem für Gott seine olympische Mannschaft, mit der er immer wieder in großen und kleinen Sachen trainieren wird und siegen will, was auch immer unser Platz ist. Wenn das kein Grund zum Singen ist!

Gute Tage wünscht Ihnen Ihre Evangelische Domgemeinde

Stephen Gerhard Stehli
Domgemeindekirchenratsvorsitzender