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Gottvater (?)
auf einem Kapitell
im Chorumgang
des Magdeburger Doms


 

Wortbrücke zum Neujahrstag und zur Jahreslosung 2023

„Du bist ein Gott, der mich sieht.“ (Genesis 16, 13)

Gott sieht. Gott hört. Das Gottesbild, das sich darin widerspiegelt, geht von menschlichen Eigenschaften aus. Und warum auch nicht? Jesus hat uns Menschen ja gelehrt, Gott als unseren Vater anzusprechen.

„Du bist ein Gott, der mich sieht.“ Das sagt Hagar, Sarahs Magd, von Abraham (einvernehmlich) schwanger, die im Streit davongelaufen ist. Der Engel des Herrn findet sie an einer Quelle in der Wüste. Und obwohl der Engel nicht nur Gutes zu vermelden hat, fühlt Hagar sich wahrgenommen, ernst genommen. Und sie soll ihren Sohn Ismael nennen – Gott hört. Gott wendet sich denen zu, die ihn brauchen.
Das Kapitell im Chorumgang wird auch auf eine Stelle aus dem Ersten Testament (Daniel 13) bezogen, wo Gott sich einer Frau in Not zuwendet. Susanna soll wegen einer falschen Beschuldigung hingerichtet werden. Gott erhört ihr Rufen und lässt Daniel die Ankläger klug entlarven. Susanna ist gerettet.
Beide Frauen haben sich in ihrer Not an Gott gewandt. Susanna rief Gott zum Zeugen für ihre Unschuld an; Hagar erkannte in dem Engel einen Boten Gottes, dem sie sich anvertrauen konnte.

Gott sieht. Gott hört. Der Künstler des 13. Jahrhunderts stellt Gott als gütigen alten Mann dar. Wir können uns Gott als Gegenüber mit menschlichen Zügen vorstellen – mit Augen, die sehen, mit Ohren, die hören, auch mit Händen, die uns halten. „Du kannst nicht tiefer fallen als in Gottes Hand.“ Auch das ist ein wunderbares Bild. Aber es sind eben Bilder. Die Bibel nennt eine Vielzahl von Bildvergleichen für Gott – bis hin zu dem Bild der tröstenden Mutter (Jesaja 66, 13 „Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet.“) und der Glucke, die ihre Küken schützt (Psalm 91,4 „Er wird dich mit seinen Fittichen decken, und Zuflucht wirst du haben unter seinen Flügeln.“) In der Sprache der Bibel bleibt Gott grammatisch immer männlich. Doch selbst das ist für viele Christenmenschen nicht zwingend. Dafür, dass ich Vertrauen habe in die Kraft, die Zuwendung, den Geist Gottes ist das Pronomen nicht entscheidend. Wichtig ist zu glauben:

Gott, du siehst mich. Gott, du hörst mich.

Dieses Vertrauen wünsche ich Ihnen.
Prädikantin Helga Fiek