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Wortbrücke in die Domgemeinde – Sonntag, 12. März 2023

Paul Gerhardts Testament

Sonntag ist Paul Gerhardts Geburtstag. Selbstverständlich wird da im Gottesdienst im Domremter ein Lied von ihm gesungen.

Paul Gerhardt wurde 1607 in Gräfenhainichen geboren. Als er zwölf Jahre jung war, starb sein Vater. Mit vierzehn Jahren war er Vollwaise. Das Leben hatte keinen leichten Weg für ihn parat. Einer Fügung gleich konnte er Anna Maria Berthold kennenlernen. Als sie heirateten, war Paul Gerhardt schon 48, Anna Maria 32. Das Paar bekam fünf Kinder. Viermal mussten sie hinter den Särgen ihrer Kinder hergehen. Unsere Sprache reicht nicht aus, um diese Leidenswege zu ermessen. Anna Maria starb mit 45 – sicher auch am gebrochenen Herzen. Am Ende blieb Paul Gerhardt nur noch ein einziger Sohn: Paul Friedrich.

Er schrieb 1676, kurz vor seinem Tod, einen Brief an den damals dreizehnjährigen Jungen. Es sind fünf Aufforderungen darin enthalten:

  1. Meide das Böse.
  2. Außer in deinem Beruf erzürne dich nicht.
  3. Heirate.
  4. Tue den Leuten Gutes – auch wenn sie es dir nicht danken.
  5. Entfliehe dem Geiz.
Seit diesem Brief sind Jahrhunderte vergangen. Diese fünf Aufforderungen aber haben eine zeitlose Gültigkeit für unsere Kinder.

Paul Friedrich hat später diesen Brief als Testament und Erbe seines Vaters empfunden. Er durfte noch einige Monate in dem Pfarrhaus im Spreewald leben, musste es aber schriftlich im Konsistorium erbitten. Dann musste er weiterziehen, weil ein neuer Pfarrer kam. Er studierte Theologie und zog über Greifswald und Riga nach Berlin. Paul Friedrich Gerhardt überlebt seinen berühmten Vater um 40 Jahre.

Unsere Kinder leben nicht von dem, was wir ihnen hinterlassen; sie leben von dem, was wir ihnen bedeuten.

Sag meinen Kindern, dass sie weiterziehen.

Domprediger Jörg Uhle-Wettler