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Wortbrücke in die Magdeburger Domgemeinde zum 4. Februar 2024

Der Bauer sät

Die Landwirtschaft aus den Pappbüchern, die wir aus Kindertagen kennen, gibt es nicht mehr. Es geht heute um Agrardiesel, Fördermittelanträge, Effizienz und Abschreibungsmodalitäten. Unter Milchbauern heißt es: „Wachsen oder Weichen“. Das kann nicht gut ausgehen. Der kleine grüne Traktor zieht nur noch in der Erinnerung seine Furchen und zwei Enten schnattern am Gartenzaun. Heute schnattert alles durcheinander. Die Bauern setzen sich mit Biber- und Gänsemanagement auseinander - ich habe mit ihnen auf dem Domplatz geredet – und bearbeiten Greeningprogramme und Stilllegungsflächenstatistiken. Die Bauern sind enttäuscht. Und das ist gut so!

Wie bitte? - fragen Sie sich beim Lesen. Das ist gut so? Ja! Ent-täuscht zu werden ist bitter, aber auch heilsam. Wird man nicht ent-täuscht, bleibt man weiterhin ge-täuscht. Wer will das schon?

Der Bauer im Evangelium am Sonntag - sät. 75 Prozent werden nichts, 25 Prozent gehen auf. Gute Erfolgsquote in einer Stadt wie Magdeburg, in der noch 8 Prozent in der Evangelischen Kirche sind.

Es ist eine gesunde Grundeinstellung, sich an den Dingen zu erfreuen, die werden dürfen. Und nicht immer zu beklagen, was alles nichts wurde und wird.

Es gibt ein Leiden an den überhöhten Erwartungen. Erwartungen, dass Beruf, Partnerschaften, Kindererziehung, Gemeindeleben vollkommen gelingen. Die meisten Dinge im Leben gelingen nur halb. Und das ist viel.

Wer nur Ganzheit erträgt, gerät in Panik, wenn die Lebensverletzungen kommen.

Es ist eine Kunst, die Güte des Lebens anzunehmen, die man jetzt schon haben kann und die Halbheiten nicht zu verachten, nur weil die Ganzheit nicht möglich ist.

Domprediger Jörg Uhle-Wettler