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Lucas Cranach d. J. [Werkstatt],
Christus als Sieger
über Tod und Teufel,
1561 (Sammlung Würth)

 

Wortbrücke zum Ostersonntag (31.03.2024)

Rund um das Osterfest kennen wir viele Bräuche: Osterfeuer, Eier färben und Eier suchen, Osterbrot und Hefezopf. Wir Christen haben noch mehr Traditionen: das Gestalten und feierliche Entzünden einer neuen Osterkerze oder die besondere Erinnerung an das „agnus dei“, das Lamm Gottes, das uns erlöst und befreit hat.

Wenn die Juden Passah feiern, kennen sie auch Rituale. So etwa dieses: in festen Wendungen, fast schon liturgisch, fragt das jüngste Kind der Gemeinschaft: „Warum ist heute so vieles anders als sonst?“ Und der oder die Älteste im Raum antwortet: „Wir erinnern uns an den Morgen, der die Welt veränderte.“

Wie wichtig erinnern ist, kann man von den Jüdinnen und Juden besonders gut lernen. Darum wird diese Geschichte vom Auszug aus Ägypten wieder und wieder erzählt. Die Kinder fragen die Alten, die Alten geben sie weiter: wir waren Sklaven in Ägypten. Gefangen in der Angst vor dem, was morgen kommt. Eingezwängt und festgehalten. Niedergedrückt und kleingemacht. In die Ecke gedrängt. Keine Luft zum Atmen mehr. Eine Erfahrung, die Menschen zu allen Zeiten immer wieder machen. Als Einzelne und als Gemeinschaften.

Wenn wir dann doch aufbrechen aus unserer Gefangenschaft, brauchen wir einen Mose an unserer Seite, der uns gut zuredet und an die Hand nimmt, der bei uns bleibt, wenn es dunkel und schwierig wird. Wieder einmal. In all den Aufbruchsgeschichten gibt es nach den ersten Schritten in die Freiheit auch mühevolle Zeiten. Das Erschrecken und die Furcht vor der eigenen Courage. Den Wunsch, lieber an die sprichwörtlichen Fleischtöpfe Ägyptens zurückzukehren. Es gibt dunkle Kräfte, die uns wie die Streitwagen des Pharaos verfolgen, drohen und versuchen, uns zu erfassen. Irgendwie, manchmal auch unbemerkt und wenig spektakulär, kommt der Durchzug durch das Meer, oft ein Meer der Tränen und der Traurigkeit. Aber eben auch die Erfahrung, dass wir die Fesseln fallen lassen können und damit ein neues Leben beginnt.

Wir alle kennen solche Ostergeschichten. Geschichten vom Auszug aus der Gefangenschaft. Das erste Erschrecken über die gewonnene Freiheit gehört meistens dazu: eine Furcht, ein Zweifeln und Zögern, das diejenigen erfassen kann, die dem neuen Leben begegnen. Da mag es manchen so gehen wie den Frauen am Grab, als sie den Engel sehen: sie können es nicht fassen. Wir können Geschichten vom neuen Leben, von der Auferstehung aus den Stricken des Todes mitten im Leben erzählen – aus unseren eigenen Erfahrungen und aus den Geschichten, die uns die Bibel geschenkt hat.

Ostern stirbt nur einer: der Tod. Und wir dürfen leben. Wir kommen nicht immer trockenen Fußes durch das Schilfmeer. Manches, was unser Leben verdunkelt, wird nicht so einfach weggeschwemmt. Aber seit der Auferstehung Jesu von den Toten ist der Tod am Ende mit seinem Latein. Darum singen in uns die Lieder der Hoffnung an diesem Tag: Was euch auch niederwirft, Schuld, Krankheit, Flut und Beben - er, den ihr lieben dürft, trug euer Kreuz ins Leben. … Muss ich von hier nach dort - er hat den Weg erlitten. Der Fluss reißt mich nicht fort, seit Jesus ihn durchschritten. Wär' er geblieben, wo des Todes Wellen branden, so hofften wir umsonst. Doch nun ist er erstanden, erstanden, erstanden, erstanden. (EG 117, 2+3)

Gesegnete Ostern wünscht Ihnen
Ihr Friedrich Kramer, Erster Domprediger und Landesbischof