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Wort zur Woche
Wortbrücke für den Sonntag ROGATE 09. Mai 2021

Fürchte dich nicht!

Rogate heißt der fünfte Sonntag nach Ostern - „Betet“ oder auch „Bittet“ als Aufforderung.

Wann beten Sie? Wenn Sie Angst und Verzweiflung anficht? Angst habe ich, wenn es eng in oder um mich herum wird. Angst und Enge hängen zusammen.

Beten macht etwas Anderes. Beten weitet den Blick, weitet das Herz, weitet das Ich auf das große DU hin. In jeder Fürbitte nehmen wir die fernen Nächsten in den Blick. Beten verbindet: Die Betenden untereinander, die Betenden mit denen, für die sie bitten und alle im Gebet mit dem, der die Gebete hört. Im Gebet spreche ich oft in der Sprache anderer Menschen, die Jahrtausende vor mir gelebt haben. Wir leihen uns die alten großartigen Psalmworte wie einen Mantel. Wir bergen uns in ihnen, sie wärmen und schützen, wenn die eigenen Worte fehlen oder brüchig sind. Wir hören im Evangelium, dass das Beten und Bitten eine große Verheißung hat. Bittet so wird Euch gegeben.

Freilich gibt es auch schräge Gebete, etwa um einen Sechser im Lotto. Und wir wissen und erfahren, dass nicht jedes Gebet bewirkt, was wir uns wünschen. Aber der Herr über Leben und Tod gibt, wenn wir bitten, wenn auch etwas Anderes als wir erwarten, das Beten verändert uns.

Der Angst widersteht es sich am besten mit einem Lied als Gebet auf den Lippen, so wie es Johann Franck vor 350 Jahren gedichtet hat:
„Trotz dem alten Drachen! Trotz dem Todesrachen! Trotz der Furcht dazu! Tobe Welt und springe, ich steh hier und singe in gar sichrer Ruh. Gottes Macht hält mich in acht, Erd und Abgrund muss verstummen, ob sie noch so brummen.“

Wer so singt, betet doppelt.

Ihr Domprediger & Landesbischof Friedrich Kramer