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Wort zur Woche - 11. Sonntag nach Trinitatis - 15. August (Mariä Himmelfahrt)
Himmel: bei Gott - über Allem und überall
Über dem Eingang zum Magdeburger Dom aus der Paradiesvorhalle ist im Tympanon-Relief
die Aufnahme der Maria in den Himmel dargestellt. Davon steht in der Bibel nichts, es gibt
nur Legenden - aber seit dem 5. Jahrhundert wird das Fest am 15. August gefeiert. Es ist
das älteste bekannte Marienfest.
Maria, die Mutter Jesu, hat in der katholischen und in der orthodoxen Tradition eine große
Bedeutung - vielleicht zum Ausgleich dafür, dass Frauen ansonsten in der kirchlichen Rangfolge
nur als Nonnen oder Äbtissinnen vorkommen? Für die immerwährende Jungfräulichkeit
der Maria wurden sogar die in der Bibel genannten Geschwister Jesu umgedeutet zu seinen Cousins und
Cousinen. Andererseits: fehlt uns in der protestantischen Tradition vielleicht eine weibliche Identifikationsfigur?
Und dann der Himmel! Anders als im Englischen unterscheidet das Deutsche nicht zwischen „sky“
(oben bei Sonne und Wolken) und „heaven“ (bei Gott - über Allem und überall). In der
Legende und auf dem Relief heben Engel die Bahre mit der toten Maria hoch, oben nimmt Christus sie in seine Arme.
Wo ist für uns der Himmel, wo denken wir uns die Toten? „Bei Gott“ heißt für mich
nicht in den Wolken, am Ende gar in „Wolkenkuckucksheim“. Verstorbene können mir ganz nah
sein, nur ist es eine innere Verbindung, keine räumliche Nähe. Ich glaube daran, dass
sie bei Gott geborgen sind, einen himmlischen Ort stelle ich mir nicht vor. Mystiker werden da
konkreter, wie Angelus Silesius im 17. Jahrhundert: „Halt an, wo läufst du hin, der Himmel
ist in dir: Suchst du Gott anderswo, du fehlst ihn für und für.“ Das ist mir zu
eingegrenzt, zu ichbezogen. Aber wenn der auferstandene Jesus seinen Jüngern und uns
verspricht, bei uns zu sein bis zum Ende der Welt (Mt 28,20), dann doch da wo wir sind, hier
auf der Erde. Das fehlt im Glaubensbekenntnis oder wird stillschweigend vorausgesetzt zwischen
„aufgefahren in den Himmel“ und „von dort wird er wiederkommen“. Bis er wiederkommt, begegnet
Jesus uns in jedem Mitmenschen (Mt 25,40: was ihr getan habt für einen meiner Brüder -
Schwestern stillschweigend mitgedacht - das habt ihr mir getan). Und wenn wir mit Jesus zu Gott
als unserem Vater beten, ist Gott uns nahe - überall. Himmlisch!
Helga Fiek
Prädikantin
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