
Radierung von Thomas Zacharias (1980)
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Wort zur Woche am 23. Mai 2021
PFINGSTEN
Geistlose Menschen sind die gefährlichste Schwachstelle der irdischen Schöpfung.
Das biblische Pfingstwunder ist eine kulturelle Revolution in der Antike. Die Völker mit
ihren Unterschieden verstehen Einander plötzlich. Jede und Jeder begreift die verschiedenen
Kulturen, mit einem Mal sind sie vereint als Menschen und im Geist, egal, in welcher Muttersprache
sie geprägt sind. Lesen Sie mal die Geschichte vom Pfingstwunder - für sich halblaut
(Apostelgeschichte 2, 1-13). Es ist gar nicht so einfach die ganzen Völker aufzuzählen.
Die Völker werden sich hier nicht zum Verwechseln ähnlich, aber der „Heilige Geist“
bringt die Einheit ihrer Unterschiede ans Licht. Römer bleiben Römer, Elamiter bleiben
Elamiter. Meder bleiben Meder und Kappadozier bleiben Kappadozier. Differenzierung ohne Feindschaft.
Und vor allem: Ohne Gewalt! Es beginnt immer mit der Sprache. So oder so. Die Sprache ist der Schlüssel.
Kein Wunder also, dass die Beobachter des Wunders erschüttert werden. Wenn man etwas nicht an sich
heran lassen will, erklärt man die anderen für verrückt. Das heilsame Durcheinander in
der Urgemeinde bringt halt auch Denkmuster durcheinander.
Gottes Heilige Geisteskraft kommt von außen, um den Menschen auch aus seinen mörderischen
Trieben und dem trostlosen Kampf der Eigeninteressen zu befreien. Tiere und Pflanzen brauchen keinen
Heiligen Geist. Geistlose Menschen sind die gefährlichste Schwachstelle der irdischen Schöpfung.
Gesegnetes Pfingstfest,
Ihr
Jörg Uhle-Wettler, Domprediger
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