
Foto: © Gerhard Noetzel 2021
|
Wortbrücke zum Fünften Sonntag nach Trinitatis
Ein Dom 80 km südlich von Magdeburg feiert an diesem Wochenende Geburtstag.
Der reformierte Dom zu Halle wird 750 Jahre alt, und das feiern
Stadt und Gemeinde mit vielen Veranstaltungen bis Sonntag.
Manche wundern sich: Dom? Halle ist doch gar nicht Bischofssitz, außerdem:
reformierter Dom - das ist doch ein Widerspruch in sich.
Der in zweiter Reihe leicht zu übersehende Hallesche Dom wurde im 13. Jahrhundert
von Dominikanern als schlichte Klosterkirche errichtet. Im 16. Jahrhundert verliebte
sich der Magdeburger Erzbischof Kardinal Albrecht von Brandenburg - der
große Gegenspieler Luthers - in die Saalestadt und die Dominikanerkirche.
Er verwandelte sie in einen prächtig ausgestatten Reliquienhort.
Die Menschen sprachen nicht nur vom Halleschen Heilthum, sondern seit dieser Zeit auch
vom Dom. Albrecht hatte viel vor mit seiner Wahlresidenz, aber die Reformation
durchkreuzte seine Pläne. Ende des 17. Jahrhunderts übergab der
Große Kurfürst den Dom dann reformierten Glaubensflüchtlingen zur ewigen Nutzung;
die hält bis heute an.
Reformierter Dom zu Halle - der auf den ersten Blick nicht stimmige Name erzählt
eine lange und wechselvolle Geschichte. Jede Kirche tut das, wenn man
sich zwischen Namen und Steinen ein bisschen auf die Suche macht. Dann erzählen
unsere Kirchen von den Versuchen, der Verherrlichung Gottes einen
bleibenden Ort zu geben; sie erzählen von der Gefahr, dabei immer auch der
Selbstverwirklichung zu erliegen; und in all ihrer wunderbaren Unvollkommenheit
verbindet sich in ihnen unser Wunsch mit dem unserer Vorväter und
-mütter: »Ich bin nicht würdig, Herr, dass du eingehst unter mein Dach. Aber
sprich nur ein Wort, so wird mein Knecht, so wird meine Seele gesund.«
(Matthäus 8,8)
Friedrich Kramer
Landesbischof
|