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Wort zur Woche, Sonntag Misericordias Domini (1. Mai 2022)
Was würde Jesus sagen?
Misericordia heißt Mitleid, Erbarmen. Herr, erbarme dich, bitten wir: Kyrie eleison. Gott erbarmt sich über uns.
Wörtlich geht es um das mitfühlende Herz. Gott fühlt mit uns, leidet mit uns. Ganz deutlich wird das in der
Passion Jesu, der durch die Willkür von Menschen gelitten hat, ja gestorben ist. Und in seinem Leben wandte Jesus sich
immer wieder denen zu, die leiden mussten.
Jesus findet aber auch klare Worte, wenn es um das richtige Verhalten geht. „Was würde Jesus dazu sagen?“ ist eine Leitfrage
nicht nur des Theologen Martin Niemöller. Wenn es jedoch konkret wird, kann ich selbst da nicht immer zu eindeutigen Antworten
kommen. Jesus fordert: Wenn dich jemand auf die eine Wange schlägt, halte ihm auch die andere hin. Bei einem direkten Konflikt
zweier Menschen mag das den anderen so verblüffen, dass der Angreifer nicht noch einmal zuschlägt. Darf man aber das,
was ein einzelner Mensch für sich entscheiden kann, von einem ganzen Land wie der Ukraine verlangen, das im Auftrag eines
größenwahnsinnigen Machtmenschen angegriffen wird?
Dies ist nicht die Art von Zweifel, wie ihn der „ungläubige Thomas“ hatte, von dem wir im Evangelium am vergangenen Sonntag
hörten. Es ist mehr ein Dilemma - man kann es im Grunde nur falsch machen. Und das ist zum Verzweifeln!
Gegen das Verzweifeln hilft Beten - aber auch Handeln.
Im Ausschnitt aus dem Leben-Jesu-Fenster in der Marienkapelle lässt Jesus sich nicht in Versuchung führen: er verwandelt
die Steine nicht in Brot, um selbst satt zu werden. Wie sehr lassen wir uns von Materiellem bestimmen? Sind wir bereit zum Verzicht?
Auch wir können uns als mitfühlend erweisen, indem wir abgeben von dem, was wir haben. Selbst wenn wir vielleicht nicht
viel haben, ist es doch oft durchaus genug zum Teilen. Es kann auch unsere Zeit sein, die wir anderen schenken. Das wiederum schenkt
uns ein wenig Zufriedenheit.
Um Frieden für andere können und müssen wir beten.
Helga Fiek, Prädikantin
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