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Mauritius-Darstellung  
am Chorgestühl  
im Hohen Chor  
des Magdeburger Doms  
(um 1360)  


 

Wort zur Woche, 15. Sonntag nach Trinitatis (25. September 2022)

(Er)kennen Sie Mauritius?

An diesem Wochenende feiern wir das Mauritius-Fest. Es ist der Sonntag nach dem 22. September, dem Gedenktag des Heiligen. Die Verehrung des Mauritius hat „unser“ Kaiser Otto der Große sehr gefördert, 962 ließ er den Festtag vom Papst bestätigen. Schon 937 hatte Otto hier in Magdeburg ein Benediktiner-Kloster zu Ehren des Mauritius und seiner Gefährten gestiftet.

Die Mauritius-Überlieferung ist eine Legende mit historischem Kern: Mauritius lebte Ende des 3. Jahrhunderts, stammte aus Nordafrika und war Christ, gehörte also der frühen koptischen Kirche an. Er war Offizier in der römischen Armee. Legionen aus den besetzten Gebieten wurden aus Prinzip weit entfernt von ihrer Heimat eingesetzt, da es zu unsicher erschien, sie gegen Landsleute kämpfen zu lassen. Im Jahr 285 sollte die Legion, die Mauritius führte, einen Aufstand in Gallien niederwerfen. Wegen Befehlsverweigerung wurden er und seine Gefährten getötet, also zu Märtyrern gemacht. Ob man ihnen befohlen hatte, den Kaiser mit einem Opfer anzubeten oder ob sie keine Christen töten wollten (oder beides), lässt sich nicht mit Sicherheit sagen; ihr Grab in der Schweiz (St. Maurice) könnte historisch sein.

Die Verehrung begann schon knapp hundert Jahre später und verbreitete sich rasch – auch das Interesse an Reliquien! Eine Reliquie ist die Lanze des Mauritius (angeblich war es die Lanze, mit der bei der Kreuzigung in Jesu Seite gestochen wurde – Joh 19,34). Diese Lanze hatte schon Ottos Vater, König Heinrich I. in seinem Besitz. Im Jahr 960 bekam Otto weitere Reliquien (Knochen) des heiligen Mauritius und ließ sie feierlich nach Magdeburg überführen. Ottos Kaiserkrönung in Rom war 962 am Mauritiusaltar im Petersdom. Mauritius wurde zu Ottos Zeiten sozusagen Reichsheiliger.

Abbildungen des Mauritius kann man recht leicht erkennen: er wird immer als Soldat oder Ritter dargestellt, meist mit Lanze, manchmal mit Schild – und er hat krause oder lockige Haare. Das deutet seine Herkunft aus Afrika an, ein Teil der Darstellungen zeigt ihn auch schwarzhäutig – dabei entsprach er als Ägypter vermutlich diesem Bild gar nicht.

Eine realistische Darstellung des Mauritius als Afrikaner sehen wir hier im Hohen Chor - um 1250 geschaffen. Der Künstler hat auf jeden Fall einen „echten“ Schwarzen als Vorbild gehabt – es ist die älteste erhaltene Darstellung eines Schwarzafrikaners in Europa. Im Magdeburger Dom haben wir aus unterschiedlichen Epochen insgesamt noch etwa 30 Mauritius-Bilder, Reliefs und Skulpturen.

Auch wenn die Darstellung manchmal etwas klischeehaft wirkt – der Vorwurf des Rassismus ist hier sicher unbegründet. Mauritius wurde für seine Standhaftigkeit und seine Glaubenstreue verehrt – seine Hautfarbe spielte dabei keine Rolle. Mögen wir auch so „farbenblind“ sein und Menschen nach ihrem Charakter beurteilen, nicht nach ihrer Herkunft oder ihrem Aussehen.

Ihre
Prädikantin Helga Fiek