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… Seele, vergiss es nicht – Amen! (Wortbrücke zum 14. Sonntag nach Trinitatis – 18. September 2022)

Eigentlich ist ja noch Sommer, so gerade noch. Aber der Herbst ist jetzt schon zu spüren, nicht nur im deutlichen Wetterumschwung seit Anfang September. Nach den heißen Tagen verfärben sich bereits die Blätter, und der kalendarische Herbstbeginn ist nicht mehr weit, auch wenn schöne Tage durchaus noch möglich sind und der Oktober seinen Wein parat hält. In diesen späten Sommertagen ist in diesem Jahr auch ein wenig wehmütig der Hauch von Vergänglichkeit und Tod zu spüren, weit vor den Novembererinnerungen. Michail Gorbatschow, Jean-Luc Godard, Javier Marias, große Namen von Menschen, die dieser Tage gegangen sind – und natürlich Königin Elizabeth II., deren Tod und Abschied nunmehr zu einem weltöffentlichen Geschehen wurde. Ja, eigentlich ist noch Sommer, aber Herbst und Winter sind niemals weit.

So gilt es durchaus zu reflektieren über die Endlichkeit eines jedes Lebens, auch wenn die Tage noch nicht trüb sind. Der Wochenspruch vom 14. Sonntag nach Trinitatis bringt eine unmittelbare Aufforderung dazu: „Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat.“ Dieser Vers aus dem Psalm 103 möchte uns klar machen, dass es in jedem Leben auf dieser endlichen und fehlerhaften Welt Spuren von Gottes Wirken gibt. Selten ist ein Leben ohne jedes Gute und Schöne, und wenn es so sein sollte, dann ist es Menschenwerk, das sich Gott in den Weg stellt. Gottes guter Segen dringt im Kleinen wie im Großen immer wieder durch, wenn wir ihn einfach lassen, er kann helfen und heilen, auch wenn die Welt nicht perfekt ist. Er kann immer neue Wege weisen, auch wenn es irdischen Sackgassen gibt, bei denen wir umkehren müssen. Unsere Offenheit für sein Wirken macht unsere Welt immer ein wenig besser, denn er vertröstet uns nicht auf das große Jenseits, sondern weist auf das Gute jetzt. Das sollen wir nicht vergessen, sondern bedenken, wenn jetzt noch Sommer ist, aber der Herbst schon zu spüren ist. Dann und dafür dürfen wir Gott auch loben, für das, was er gibt und geben wird. „Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat.“ Und nach jedem Herbst und Winter wird dann wieder heller Frühling ins Leben kommen können!

Stephen Gerhard Stehli
Domgemeindekirchenratsvorsitzender