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Wortbrücke zum 4. Sonntag im Advent (18.12.2022) | Dom zu Magdeburg

Landesbischof Friedrich Kramer

Im Mittelpunkt des 4. Adventssonntag steht Maria, die Mutter Jesu. Hier setzt die neue Ordnung der Predigttexte von 2018 einen neuen Akzent, indem als Evangelium Lukas 1,26-56 gelesen wird. Der Besuch des Engels Gabriel bei Maria, ihr Besuch bei Elisabeth und Marias Lobgesang erklingen. Dieser Lobgesang ist ein aufstörendes, aufrüttelndes Lied, das der Evangelist Lukas der Mutter Jesu in den Mund legt, und es verkündet ungewöhnliche Dinge: »Er stößt die Gewaltigen vom Thron und erhebt die Niedrigen. Die Hungrigen füllt er mit Gütern und lässt die Reichen leer ausgehen.« Die Freude, die in den Texten dieses Sonntags aufscheint, hat also ganz konkrete Gründe: Keine Hoffart mehr, kein Hunger, keine Gewalt, sondern Barmherzigkeit, Recht, Leben für alle. Kein Wunder, dass Johannes im Leib seiner Mutter vor Freude hüpft!

Durch das Evangelium mit dem Lobgesang der Maria und das Tagesgebet bekommt der 4. Advent das Gepräge eines evangelischen »Marientages«. Martin Luther hatte große Sympathie für die Mutter Jesu, solange das Volk nicht von ihr die Rettung erwartete. Denn – solus Christus – nur der Heiland gibt Heil und Erlösung! Luther, als langjähriger Augustiner-Mönch selbst stark marienfromm erzogen und geprägt, brachte das einmal mit Blick auf den durchaus üblichen Aberglauben einer besonderen Wunderkraft der Muttermilch Mariens so auf den Punkt: »Ach, was haben wir der Maria Küsse gegeben, aber ich mag Marias Brüste und auch ihre Milch nicht, denn sie hat mich nicht erlöst und auch nicht selig gemacht.« Gleichzeitig besaß Luther offenbar ein Marienbild, vielleicht von Lucas Cranach dem Älteren, an deren entblößtem Busen der gerade gestillte Jesus-Säugling schläft.

Luther hat in einer Auslegung des Magnificats Mariens Stellung 1521 so beschrieben: Sie sei ganz »niedrige Magd«, eben nicht Himmelskönigin – vielmehr wie ein leeres, reines und einfaches Gefäß für das Heil, das das Heilswirken Gottes umso eindrucksvoller mache, weil es aus dem einfachen Leben komme. Insofern sei sie auch ein exemplum fidei, ein Vorbild im Glauben: dass der Herr auch das Niedrigste groß machen könne. Darauf vertrauen wir und mit diesem Vertrauen gehen wir in die Weihnachtswoche. Ein Grund einfach mal wie Johannes eines Freudenhüpfer im Advent zu wagen und dabei Halleluja rufen. Probieren Sie es aus. Die Freude am Herr bleibe bei uns!

Ihr Friedrich Kramer, Erster Domprediger und Landesbischof



Im Bild zu sehen ist das Gemälde „Madonna, dem Christkind die Brust reichend“ (um 1535) von Lucas Cranach des Älteren, das als Teil der Ausstellung „Verehrt. Geliebt. Vergessen. Maria zwischen den Konfessionen“ 2019 im Wittenberger Augusteum gezeigt wurde. Das Gemälde gehört dem Museum der Bildenden Künste in Leipzig.
Urheberrecht: epd-bild/Jens Schlueter.